Ohne Tränen, mit einem Lächeln
"Der Herr der Herrscharen wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen, mit den feinsten, fetten Speisen, mit erlesenen, reinen Weinen.
Er verschlingt auf diesem Berg die Hülle, die alle Völker verhüllt, und die Decke, die alle Nationen bedeckt. Er hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen." Jesaja 25, 6-8
In diesem Jesajatext drückt ein Festmahl eine Hoffnung aus. Erlesenes wird mit Kreativität zubereitet und in gemeinsamer, festlicher Runde verzehrt. Das Mahl spendet Trost. Aber: wessen Tränen sind heute abzuwischen? Weshalb wird geweint? Welche Hoffnung lässt sich den Weinenden mitteilen?
Darauf versuchen meine Könige und Königinnen eine Antwort zu geben. Sie legen den Jesjatext aus. Kommen Sie mit nach Bonn- Lessenich ins Pfarrhaus! Dort entstehen meine Skulpturen in den frühen Morgenstunden. Jede, jeder hat eine eigene Geschichte, die ich mit Menschen geteilt habe. Ich arbeite mich an ihnen ab, transformiere sie und haue ihnen ein heiteres Gesicht ein und gebe ihnen eine Krone mit. Später, wenn die Figur bemalt wird, verblasst die Geschichte. In der Skulptur findet sie ihr vorläufiges Ende: nur eine Hoffnung.
Und dann verlassen sie das Pfarrhaus und erzählen selbst wieder eine Geschichte. Nicht unbedingt die, die sie hat entstehen lassen, aber eine, die damit zutun hat. Menschen in prekären Verhältnissen, vulnerable Gruppen sehen sich in den Figuren. Nicht Sieger oder Leistungsträger. Die Menschen sehen diese Unscheinbaren, Spröden, Schiefen, Gebeugten, Verletzten - mit der Krone als Zeichen der Würde. Das verstehen alle.
Dieses Bild vermittelt sich ohne religiöse Vor und Bekenntnisse. Es ist konfessionslos. Es verbindet, weil die Menschen ihre Wertschätzung für sich selbst und füreinander verstehen - über alle Unterschiede und Verhärtungen hinweg. Natürlich nur eine Hoffnung. Eine greifbare.
Ralf Knoblauch